Bei einer von mir dirigierten Aufführung meiner Kammeroper The Egg Musher 2018 in Hallein habe ich Aleksandra Raszyńska getroffen, die dort die Stimme der Natur gesungen hat.  Anschließend hat sie mich gefragt, ob ich ein Stück für sie komponieren würde.  Aleksandra Raszyńska wohnte damals in Salzburg, und ich war gerade nach Graz gezogen – zwei Ausländer in österreich.  Meinen neuen Wohnort kannte ich bereits aus meiner Arbeit in Deutschlandsberg in den 80er Jahren, als ich dort Musik zur von Hans Werner Henze initiierten Community Oper Robert der Teufel beitragen konnte, zu der Elfriede Jelinek das libretto beigesteuert hatte.  So lernte ich Elfriede Jelinek kennen.  Oh Wildnis, oh Schutz vor ihr hat meine Sichtweise auf österreich hilfreich, nachhaltig geprägt.  So ist es gekommen, dass ich mich jetzt auf die Suche nach einem Text für ein Lied für Aleksandra Raszyńska nach Lyrik von Elfriede Jelinek umgesehen habe.  Soviel gibt es davon nicht, und bemerkenswerterweise konnte ich in Grazer Bibliotheken kein Exemplar des Bandes ende finden.  Der nächste Ort mit einer Kopie war die Universitätsbibliothek in Maribor!  Ich habe mir aus dem Band einige Gedichte zur Vertonung vorgemerkt und, fasziniert von der Tiefe des Gedichtes, mit der Komposition von winter begonnen.  Der von Jelinek gewählte Titel dient dem Gedicht als atmosphärischer Hintergrund und hat zu der spezifischen Art meiner Gestaltung der Klavierbegleitung geführt.  An dieser Begleitung hängt der Gesangspart als eine freie Reihung verschiedenartiger, kontrastierender musikalischer Gesten.  Es geht um den Ausdruck einer Allgegenwart von Tod und erfahrener emotionaler Vereisung und Gewalt als Verrat an jugendlichem Drang.

(Stefan Hakenberg, 2021)